Kosmische Größenverhältnisse

Die Größe der Erde wurde ebenfalls entschlüsselt. Es war Eratosthenes, dem eine gute Annäherung an die Größe der Erdkugel gelang. Dazu dachte er sich eine ausgeklügelte Methode aus: Wenn die Sonne zur Sommersonnenwende im Zenit steht, wirft sie in Syène, dem heutigen Assuan, keinen Schatten – im ungefähr 5000 Stadien entfernten Alexandria hingegen fällt der Schatten in einem Winkel von 7°12‘. Hochgerechnet auf die 360° eines Kreises, lässt sich ein Erdumfang von ca. 250.000 Stadien berechnen:

5000 Stadien * 360°/7°12‘ = 250.000 Stadien.

Das sind ungefähr 37.000 km und weicht nur knapp vom tatsächlichen Umfang von ca. 40.000 km ab.

Die Genauigkeit der Schätzung wirkt beeindruckend. Allerdings hatte Eratosthenes dabei eine gehörige Portion Glück. Zum einen liegt Assuan ein wenig nördlich des Wendekreises des Krebses und dementsprechend fiel der Schatten nicht genau senkrecht. Zum anderen lag Alexandria nicht schnurstracks nördlich von Assuan sondern ist ein wenig nach Westen versetzt. Die Entfernungsmessung war generell ein Problem in dieser Zeit. Schrittzähler hätten mit dem Nil einen markanten Weg zum Folgen gehabt, allerdings ändert der Fluss auf seinen Weg in Richtung Norden immer mal wieder leicht seine Richtung. Wahrscheinlich beruht die Entfernung, die er nutzte ebenfalls auf einer Schätzung. Doch die Ungenauigkeiten sollen den Erfolg des Eratosthenes nicht schmälern. Ihm gelang es, trotz fehlender präziser Kartographie, einen Weg zu finden, eine gute Schätzung über die Größe der Erdkugel abzugeben.

Eratosthenes (ca. 276-194 v. Chr.)

Mithilfe der Geometrie versuchten die Griechen auch andere Bereiche des Kosmos zu vermessen. Allerdings waren die Ergebnisse nicht immer so treffend wie beim Erdumfang. Aber auch die misslungenen Messungen zeigen die Kreativität der Hellenen im Umgang mit der Geometrie. Ein Beispiel ist die Bestimmung der Sonnendaten durch Aristarchos.

Aristarchos maß den Winkel von 87°, den die Sonne zur Erde einnimmt, wenn der Mond genau zur Hälfte beleuchtet ist. Daraus lässt sich ein Dreieck bilden aus dem mehrere Abschätzungen folgen: Er nahm eine ungefähr 18-20fache Entfernung der Erde zur Sonne im Vergleich zur Entfernung Erde-Mond an. In gleicher Weise soll sich der Sonnendurchmesser zum Monddurchmesser verhalten. Der Sonnendurchmesser soll im Vergleich zum Erddurchmesser zwischen 19/3 und 43/6 liegen. Aufgrund der Messungenauigkeit – der tatsächliche Winkel Erde-Sonne beträgt ca. 89°50‘ – lag Aristarchos mit seinen Schätzungen weit daneben, doch die Tatsache, dass die Sonne um ein Vielfaches weiter als der Mond von der Erde entfernt ist und viel größer als Mond und Erde ist, wurde richtig erkannt. Hätte Aristarchos den Schatten genau vermessen können, hätte er berechnen können, dass die Sonne 400 Mal weiter als der Mond entfernt ist und dementsprechend sind die Größenverhältnisse im Vergleich zur Erde viel gigantischer. Mit ca. 1.400.000 km Durchmesser ist die Sonne mehr als 100 Mal größer als unser Planet.

Die Griechen konnten durch den Einsatz der Mathematik dem Kosmos viele Informationen abgewinnen. Doch das Wissen über geometrische Verhältnisse, über Formen und Größen, befriedigte den Wissensdrang nicht. Die Frage nach dem Warum war noch interessanter. Es wurde ein Grundgerüst benötigt, dass es ermöglicht, die errechneten Erkenntnisse einzuordnen. In Athen gab es Philosophen, die im großen Zusammenhängen dachten und versuchten ein System zu entwickeln.


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